La vie en rose auf Deutschlandradio

Das Siegerstück vom Berliner Hörspielfestival 2015 wird am 4. Januar 2016 im Deutschlandradio Kultur (Freispiel) um 0 Uhr 05 (Nacht von Sonntag auf Montag) gesendet. Im Anschluss ein Interview, geführt von Annette Schäfer.

La vie en rose – Vom Leben und Überleben in Paris

Skript, Regie: Tom Heithoff
Länge: 40:29
Sprecher: Lorenz Eberle
Autorenproduktion 2014

Er wollte eigentlich eine Unilaufbahn einschlagen. Jetzt arbeitet er in einem miesen „Sauladen“ in der Vorstadt. Seit 20 Jahren lebt er in Paris, die Doktorarbeit ist immer noch nicht fertig, und mehr als 18 Quadratmeter Wohnfläche sind nicht drin. Aber zu Hause ist er eh selten, denn er verbringt drei bis vier Stunden pro Tag in Metro oder S-Bahn. Während die Franzosen sich langen Abendessenritualen hingeben, liebt er sein Essen kalt und aus der Dose. Und er jammert auch nicht, wenn er drei Mal im Jahr von den hochprofessionellen Pariser Dieben nach allen Regeln der Kunst ausgenommen wird.

Der Held dieses Pariser Tagebuchs, Lorenz Eberle, schlüpft in eine Rolle, die in allen Belangen mit seinem eigenen Leben zu tun hat, aber dennoch über das rein Dokumentarische hinausgeht. „La vie en rose – Vom Leben und Überleben in Paris“ erzählt von einem Menschen, der in einer engen, lauten, überfüllten Stadt nicht unterzugehen versucht, und zeichnet über eine mitunter ins Groteske kippende Perspektive das Porträt einer Stadt, die es einem nicht leicht macht, aber der man dennoch verfallen kann – wenn man die richtige Einstellung hat.

Aus der Begründung der Jury:
“Die Übel“, steht als Motto über Tom Heithoffs Webseite „die Übel bleiben doch immer unter ihren Möglichkeiten.“ Ein Motto, das auch die Existenz der Figur beschreibt, die in seinem 8-teiligen Hörspiel „La vie en rose – Vom Leben und Überleben in Paris“ porträtiert wird. Aber porträtiert wäre schon das falsche Wort, denn der Sprecher, dem wir 40 Minuten lang zuhören, ist weder der Gegenstand dieses Hörspiels, noch ist er eine Erfindung des Autors. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes sein Protagonist. Denn Lorenz Eberle, so heißt die namenlose Hauptfigur, gibt es wirklich und es ist nicht das erste Mal, dass er in einem Hörspiel von Tom Heithoff auftaucht. Dadurch dass er hier aber selbst in seine eigene Rolle schlüpft, verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.

Wir hören einer Person zu, die den Kopf in den Wolken hat, und ihn sich doch permanent an der zu niedrigen Decke seines winzigen Appartements stößt. Einer dem mindestens einmal im Jahr das Mobiltelefon und/oder die Kreditkarte geklaut werden, und der trotzdem der Polizei vorsätzlich nur „sehr abstrakte“ Täterbeschreibungen liefert.

Er ist einer, der seit zwanzig Jahren nicht eigentlich in, sondern gegen Paris lebt. Gegen die miesen Wohnverhältnisse, gegen den Verkehrsinfarkt, gegen die autoritäre Arbeitskultur und nicht zuletzt gegen die völlig überschätze französische Esskultur. Lorenz Eberle spielt einen jener Beleidigten und Erniedrigten, der trotz allem wild entschlossen sind, die Welt in rosarot zu sehen. Das ist einerseits umwerfend komisch und andererseits auch ziemlich traurig.

Tom Heithoffs Hörspiel ist – dann doch – ein atmosphärisch dichtes Porträt geworden. Ein Doppelporträt. Einerseits eine Liebeserklärung an den begnadeten Radioperformer Lorenz Eberle und andererseits ein Porträt der Stadt Paris, die zwar kein freundlicher Ort ist, aber wenigstens unter ihren üblen Möglichkeiten bleibt. Dafür vielen Dank, Tom Heithoff.

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Ursendung Deutschlandradio Kultur (als 8 x 5 – Minuten-Serie in „Echtzeit“, Redaktion Tanja Runow). Sendedaten: 16., 23., 30. August, 6., 13., 20., 27. September, 4. Oktober 2014 jeweils 16 Uhr 55.

Ursendung Langfassung 2.5. 2015 Deutschlandradio Kultur „Echtzeit“ um 16 Uhr 05.
29.9.2015 swr2 Tandem um 19 Uhr 20
4.1.2016 deutschlandradio kultur um 0 Uhr 05

3 Gedanken zu „La vie en rose auf Deutschlandradio

  1. Nikolaus

    Verzweifelt entdecke ich Ausstrahlungstermine immer zu spät um dieses tolle Stück endlich unter Freunden zu verbreiten. Ein Podcast oder Cd wären wie oben bereits beschrieben eine sehr tolle Sache!

  2. Studte, Henning

    Hallo Herr Heithoff,
    Ihr Hörspiel hat mir äußerst gut gefallen … so ein feiner Humor ist leider sehr selten heute, und mit Herrn Eberle haben sie ja in der Tat den geeigneten Mann dafür.
    Mehr davon bitte, als Karikatur- und Pressezeichner schätze ich solche sinnigen Sachen ganz besonders.
    Schöne Grüße
    Henning Studte

    1. Dirk Jünger

      Das Ganze ist großartig! wenn man es nur kaufen könnte… ich denke, damit könnten Sie glatt reich werden. Und dann: was tun mit dem vielen Geld?

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